Samstag, 6. Juni 2015

Spiegelbilder 2_2013_ die Resonanzkatastrophe - veröffentlicht in der Chorikà Sommer 2013


Was sprudelt heute?

Nein, nicht der Sommer, der nicht kommen will, damit habe ich mich erst einmal abgefunden. Es ist ein sehr aufregendes Jahr – bis jetzt – und es verspricht so zu bleiben. Irgendetwas hat sich im Winter getan. Noch bin ich nicht sicher was es ist. Ich fühle mich „bewegt“, aber wohin geht die Reise? Die letzten Monate haben sehr viel „Negatives“ beschert, aber parallel dazu auch extrem viel „Postives“. Also ein Jahr der Extreme? So sieht es fast aus. In der Physik würde man sagen, ein System schwingt sich ein, bis die Wellen „synchron“ schwingen, sich addieren und aufschaukeln und dann in einer Resonanzkatastrophe „zusammenbrechen“ und dabei alles „zerbrechen“, bevor sie wieder, jede Schwingung für sich, ruhig nebeneinander her schwingen. Nein, wer will denn eine Resonanzkatastrophe? Aber man kann es eben nicht verhindern, so ist die Natur nun mal gestrickt!

Die Tanzlandschaft ist extremer geworden. 

Es wird immer turbulenter – höher - schneller – weiter. Wer übertrumpft wen und wer kann alles besser – perfekter – schneller? Es gibt sogar schon orientalische Tanzensembles mit „Prima Ballerina“ und allem was dazu gehört. Puh, da wird mir schwindelig. Nichts gegen Professionalität, aber wer, bitte schön, kommt denn da noch mit? Körper sollen perfekt und makellos sein, Tänze sollen perfekt und makellos sein, Menschen sollen perfekt und makellos sein. An der Stelle wünschte ich mir dann doch die Resonanzkatastrophe, damit wir alle wieder ganz von Anfang neu starten können, ganz nah bei uns selbst! Da, wo jeder den anderen braucht um etwas zu bewerkstelligen. Habt Ihr vergessen? Wir brauchen sie, all die anderen, denn ohne diese gibt es niemanden, der sich die Shows und die Festivals anschaut. Das sind überwiegend die nicht-professionellen und die nicht-makellosen, eben die ganz normalen Menschen bzw. TänzerInnen. Seien wir doch alle froh, dass es sie noch gibt. Wer sonst sollte sich die „Vorbilder“ denn anschauen. Auf dem Kongress des BVOT führte ich ein ähnliches Gespräch und nahm mir vor darüber zu schreiben.

Machen wir uns doch mal bewusst, wer unser (der LehrerInnen) Klientel ist:
Es sind zu mehr als 90% die Frauen, die ihren Körper wieder spüren und sich zu schöner Musik aus 1001 Nacht bewegen möchten, um damit einen Weg zu finden, sich in der eigenen Unvollkommenheit anzunehmen. Es sind – behaupte ich jetzt einmal – weniger als 10% Teilnehmer, die kommen, weil sie eine große Bühnenkarriere planen. Also ist die Hauptzielgruppe „Ottilie und Otto – Normalmensch“, denen ich gerecht werden muss und von denen ich die Kursgebühr bekomme, die mich also „über Wasser halten“, die es mir überhaupt ermöglichen den Unterricht abzuhalten und die die Eintrittskarten zu meinen Veranstaltungen kaufen. Es sei denn, ich kann mir den Luxus leisten mich darauf zu beschränken, nur noch „fertige BühnentänzerInnen“ zu unterrichten. Der Markt an SchülerInnen mag hier dann eher sehr dünn gesät zu sein und das Aquirieren neuer TeilnehmerInnen wohl sehr mühsam. Die Veranstaltungen aber werden quasi von den weniger als 5% der „Mehr-Woller“ bestritten.

Ist das nicht völlig daneben? Ein Zeichen der Zeit? Aber ja! Es sind ein paar „Mind Maker“, ein paar „Supermodels“, ein paar „Superstars“ - also ein Bruchteil eines Prozentes der Bevölkerung, die all den Anderen sagen wo es langgeht. Diktat – aber vom Feinsten! Und wir spielen munter alle mit. Das tun wir im täglichen Leben eben auch in jeder Lebenslage. Sind es zum Schluss nicht sogar die „Nicht-Perfekten“, die das System am Laufen halten und immer wieder weiter puschen und sich „diktieren lassen“ wollen?

Mein Résumé: 

wir BRAUCHEN eine Resonanzkatastrophe! Meine Gefühlswelt ist wieder mit sich im Reinen und ich freue mich auf den „Zusammenbruch“ des Diktats, sowohl für die Diktatoren als auch für ihr Gefolge. Vielleicht darf ich das ja noch erleben, damit der Respekt gegenüber uns selbst wieder hergestellt wird. Diese extremen Hochs und Tiefs sind der Weg dahin – nein, ich habe nichts Komisches geraucht und auch keine bunten Pillen genommen, ich wünschte allerdings manchmal, ich könnte hin und wieder mein Hirn ausschalten. Vielleicht wäre die Welt dann auch für mich rosarot!

Sarkastisch – ich? Wer behauptet denn so etwas? Nein, für heute „hab isch ferdsch“.
Einen schönen Sommer wünscht Euch

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