Sonntag, 29. Dezember 2019

Von Schwertwalen und Schwitzattacken


Einen Artikel über die Wechseljahre sollte in der Chorikà 3_2020 erscheinen. Aber wer sollte den schreiben? Irgendwie habe ich mich berufen
gefühlt, weil ich „mitten drin statt nur dabei“ bin. Ein sehr schönes Thema – wie ich finde – und viel
zu wichtig, um immer nur als lästiges Übel beschrieben zu werden. Hier also kommt mein Plädoyer
für eine in meinen Augen oft missinterpretierte Lebensphase.

 
So, was nun, wie fang ich an? Das Internet soll helfen. Ich suche Synonyme für das Wort
„Wechseljahre“ und werde fündig:
Wechseljahre / Klimakterium / kritische Jahre / kritisches Alter / Klimax
Das klingt doch mal interessant – ad hoc möchte mein Sarkasmus ans Werk – ich bleibe dann aber
erst mal „sachlich“. Hier gibt es Stoff, über den frau schreiben kann. Fangen wir doch mal an:
Klimakterium:
So der medizinische Begriff für die Wechseljahre.
Das Klimakterium (von griechisch klimaktér „Stufenleiter, kritischer Zeitpunkt im Leben“) bezeichnet
bei der Frau (sowie bei Kühen von Grind- und Schwertwal) die Jahre der hormonellen Umstellung, im
Deutschen früher auch Stufenjahre genannt, vor und nach der Menopause mit dem Übergang von der
reproduktiven zur postmenopausalen Phase. Diesen Zeitabschnitt bezeichnet man auch als
Wechseljahre. (Quelle:de.wikipedia.org


Ich bin beeindruckt – Wale haben das auch! Ist es ein kritischer Zeitpunkt im Leben? Ich versuche es
gerade so zu fühlen, aber es klappt nicht. Ich hatte in meinem Leben viele kritische Zeitpunkte. Und
ich lese, dass es das Klimakterium (virile) auch bei Männern gibt, aber das sei nicht vergleichbar mit
dem der Frau, denn der Mann bleibt ja zeitlebens zeugungsfähig und das Testosteron bleibt ja nie
ganz weg. Die Frau hingegen verliert ihre „Funktionalität“ und das notwendige Östrogen. Naja, so
kann „Mann“ sich das auch schön reden.
Für mich hört sich Klimakterium wie eine Krankheit an, wie z. B. Arthritis oder Tetanus. Es werden
allerhand unangenehme Körperveränderungen erklärt und viele Probleme geschildert auf den
diversen NetDoktor-Seiten. Nirgends steht, dass man es einfach auch unbeschadet überleben
könnte. Nur Katastrophen wie Schwitzattacken, trockene Schleimhäute, Fressattacken,
Blutdruckterror, Schlafstörungen und so weiter findet man beschrieben. Ich frage mich gerade, was
eine Schwertwal-Kuh im Klimakterium macht, wenn sie eine Schwitzattacke hat – sie kann gar keinen
Pullover ausziehen, wie grausam. 


Kritische Jahre
Kritisch für wen? Jeder Ehemann einer Frau in den Wechseljahren wird jetzt wohl sagen: „Für mich.“
Einmal Mitleid in die Runde leidgeplagter Ehemänner. Kritisch sehe ich einzig und allein den Umgang
der Gesellschaft mit diesem Thema. Uns Frauen wird erzählt, wie schwierig wir sind und wie
problembehaftet diese Lebensphase ist. Und es wird versucht, diese Phase an zig Indizien zeitlich
festzumachen, einsortierbar in ein Muster, damit es bewertbar ist. Aber das ist nicht über alle Frauen
hinweg gleichermaßen festzumachen. Jede erlebt diesen Lebensabschnitt anders, an manchen geht
es gar unbemerkt vorüber. Jede durchlebt das in ihrem individuellen Alter und in ihrer individuellen
Zeitspanne. Ist es vielleicht das, was kritisch ist, dass es nicht exakt festzumachen ist?

Kritisches Alter
Kritisch für was? Von einer Lebensphase als „kritisches Alter“ zu sprechen ist eine „Bewertung“ und
ist für meine Begriffe unangebracht. Die bisher beschriebenen Begriffssynonyme sind alle negativ
behaftet. Was für ein Jammer. Da wundert es nicht, dass frau dieser Lebensphase mit Schrecken
begegnet. Und wenn ich im Vorfeld schon „das Grauen“ im Nacken sitzen habe, wundert es nicht,
dass es subjektiv als „unschön“ empfunden wird. Reicht es nicht schon, dass man sich zwangsweise
mit dem Älterwerden beschäftigen muss?
Wechseljahre – ich wechsele von der aktiven Seite der attraktiven und begehrenswerten Frauen in
die Liga der alten Schrumpel-Omis – Katastrophe! Mich wundert es nicht, dass es einem dann
schlecht geht, denn das will man nicht. Seltsam, Männer finden sich unwiderstehlich, egal wie alt sie
sind – ach so, das liegt am Testosteron, oder wie war das? So ein Quatsch! Das liegt an der inneren
Einstellung. Und deshalb kommen wir jetzt zum vierten Synonym. 


Klimax
Genau hier geht es lang, Ladies! Ich finde als Begriffserklärung „Vollendung, Eskalation, Krönung“.
Das ist es, meine Lieben. Aus der süßen Prinzessin wird eine vollendete Königin. Wir haben ein
langes, ereignisreiches Leben hinter uns und mit unserer weiblichen Intuition die besten
Voraussetzungen, in die Liga der weisen und vollendeten Frauen aufzusteigen. Die „Eskalation der
Weiblichkeit“ könnte es auch heißen, wenn man von Wechseljahren spricht. In vielen Völkern
genießt die ältere Frau eine besondere Stellung, in unserer Gesellschaft fällt sie aus dem
Attraktivitätsraster. Wir haben kein Wechseljahresproblem, sondern ein gesellschaftliches Problem.
Viele der „Nebenwirkungen“ der Hormonumstellung würden wir vielleicht einfach „liebevoll“
hinnehmen, wenn da dieses Damoklesschwert nicht über unseren Köpfen kreisen würde. Wo ich
etwas liebevoll hinnehmen kann, stellt es sich dann vielleicht gar nicht so sehr in den Vordergrund.
Unsere Seele ist unser größtes Organ. In den Wechseljahren sein heißt „ankommen“, „loslassen“,
„annehmen“, „aussöhnen“, „zulassen“.


Unsere Gesellschaft problematisiert alles, was nicht nach „Schema F“ läuft. Alles was nicht
berechenbar oder bewertbar ist. Alles was nicht in ein praktisches Muster passt.
Hormonumstellungen bringen jede Menge an biologischen Folgereaktionen mit sich. Zum einen im
Körper, dessen Funktionalität und im Nachgang auch dessen Aufbau und Aussehen sich verändern.
Aber viel mehr noch trägt die Hormonumstellung zu einer Umstellung der Gefühlslage bei. Wir fühlen
anders oder sind empfindsamer. Wir nehmen uns selbst anders wahr, viel intensiver als bisher. In
vielen Dingen wird auch der Blick klarer für das, was frau will, und das, was frau nicht will. Wenn wir
uns den Wechsel zugestehen und ihn nicht nur negativ belegen, sondern genau in uns hineinspüren,
können wir sehr schöne Dinge entdecken, die uns dann die lästigen Begleiterscheinungen wie z. B.
trockene Schleimhäute, Schwitzattacken oder Blutdruckprobleme leichter hinnehmen lassen. Das ist
nach meiner Erfahrung die größte Herausforderung und auch die größte Chance an dieser
Lebensphase: das liebevolle Annehmen von Gegebenheiten, die wir nicht ändern können. Das war
für mich die schwerste Übung überhaupt – aber ich habe es geschafft. Das trifft auch auf das „Altern“
zu, und so haben wir elegant zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.
Annehmen bedeutet aber auch „in sich aufnehmen“ und „bejahen“ als Normalität. Dies befreit das
„Altern“ von einem Dogma, welches mit „nicht mehr können“ gekoppelt ist. Also weitermachen wie
bisher? Nein, besser! Weitermachen in positiver Stimmung und mehr im Einklang mit sich selbst. Den
Umstand, das Leben und sich selbst bejahen. Nicht (mehr) in Konkurrenz treten wollen, sondern zufrieden mit sich sein, so wie es ist, denn so ist es gut und genug. Damit ist das „Altern“ raus aus
dem Horrorszenario und wird bunt angestrichen. Wir können weiter tanzen, wir können uns weiter
aufhübschen, schöne Kleider kaufen und uns unwiderstehlich finden. Unterstützung für diese
Lebensphase, die somit eine Weiterentwicklung darstellt, finden wir besonders jetzt in den
Bauchtanzkursen und überall da, wo Frauen zusammen schöne Dinge tun in gegenseitiger Akzeptanz.
Und dann vielleicht auch mal über die Wechseljahreszipperlein lachen können, während man sich
kühle Luft zufächelt bei der Schwitzattacke. Ich frage mich gerade, ob die Schwertwal-“Frauen“ auch
gemeinsam tanzen? Zumindest machen sie auf mich einen extrem gelassenen Eindruck. Ich glaube,
unsere innere Biologie will uns mit den Wechseljahren besonders gut auf einen gelassenen Umgang
mit dem Alter vorbereiten. Das ist dann doch mal eine tolle „Erfindung“ und –schwupps – stellt sich
heraus, dass wir Frauen demnach privilegiert sind. Mit optimalem „Briefing“ über die Klimax in den
Endspurt mit Schwung, losgelöst von Dogmen und frei von Konkurrenzkampf. 

 
Mein Plan: Crazy Old Woman

Donnerstag, 3. November 2016

Mythos TARAB

AL TARAB Mit dem Begriff TARAB habe ich immer das Wort GENUSS in Verbindung gebracht. Also Musik genießen? Damit fängt es an, aber TARAB ist mehr. Ich habe mich also auf die Suche gemacht, Erklärungen zu finden für TARAB in der Musik und ob es TARAB auch im Tanz geben kann. Im Austausch mit Abeer Will und mit Recherche in guter Literatur konnte ich Licht ins Dunkel bringen. In keiner Musikkultur außer der arabischen findet sich ein Begriff, der in seiner Aussage dem TARAB entspricht. Eine Erklärung, die alle Bedeutungen dieses Wortes umfasst, fällt nicht leicht. Was aber ganz klar herausgearbeitet werden kann, ist der Grundsatz, dass es Interaktionen geben muss, um TARAB entstehen zu lassen. Musikwissenschaftler umschreiben diesen Begriff mit „Freude und Trauer erzeugender Gesang“. Andere wiederum stellen fest, dass ein Austausch zwischen Sänger – Musiker – Zuhörer stattfinden muss, damit TARAB entstehen kann. Hier nimmt das Publikum die Stimmung auf, (er-)lebt die Stimmung und gibt sie in Form von Freude oder Trauer an die Musiker zurück, es reflektiert also die freudigen und traurigen Stimmungen, die die Musik erzeugt. Gerade in der arabischen Musik wird die künstlerische Leistung im Bereich Gesang, Instrument und Improvisation als die Grundlage gesehen, TARAB entstehen zu lassen. Die Kunst ist hierbei das Entstehen eines – westlich ausgedrückt – „Flow“ zwischen Künstlern untereinander und/oder mit dem Publikum. Ein Beispiel: Oum Khoulthoums Auftritte unterschieden sich deutlich von ihren Studioaufnahmen. In den Studioaufnahmen fehlte das Publikum. Es fehlten die Reaktionen des Publikums und deren „Antworten“ und damit auch die vielen Wiederholungen und Improvisationen, die dadurch während ihres Live-Auftrittes entstanden. Hier konnte TARAB entstehen, während Sängerin, Orchester und Publikum intensiv in einen „gemeinsamen Erlebnisraum“ traten. AL TARAB beim Tanz? Zuerst stellt sich hier für mich die Frage, warum wir in der „nicht arabisch beheimateten“ Orientalischen Tanzszene unbedingt den Begriff „TARAB“ im Tanz haben wollen – den Begriff innerhalb des Tanzes zu verwenden habe ich von Orientalen nie gehört. Die nächste Frage (in Anbetracht der wie Pilze aus dem Boden schießenden Angebote „Tarab“ tanzen zu lernen) wäre: „Kann man TARAB tanzen lernen?“ Und weil ich das auch schon häufig gehört habe, stelle ich klar: einen Taqsim oder Mawwal zu tanzen, hat mit dem TARAB-Begriff nichts zu tun. Fazit: TARAB tanzen lernen kann man nicht, denn TARAB ist der Genuss an der Musik. Ein Musikstück, welches ich tanzen möchte, wieder und wieder zu hören und mich in der Musik zu verlieren und TARAB zu erleben, ist Musikgenuss. In dieser Verlorenheit mich auf den Tanz einzulassen, ist Improvisation. In der Musik verloren zu gehen, zu genießen und die Bewegung einfach „raus“ zu lassen, ist Ausdruckstanz. Auch als Tänzerin kann ich TARAB erleben – im Einlassen auf die Musik, sicher – wir erinnern uns: TARAB lebt von der Interaktion – dem Verschmelzen der Musik mit dem Gefühl. Das kann man nicht lernen, das muss man erfahren. Lernen kann ich Bewegungsabläufe, Technik und bis zu einem gewissen Grad technisches Musikverständnis. TARAB als Anlass zur Bewegung muss passieren, weil man loslässt, weil man aufhört zu werten, weil man aufhört zu kontrollieren, weil man aufhört sich in Formen zu pressen und weil man der Musik gestattet, in den Körper einzudringen und dort Impulse zu geben. TARAB ist ein Gefühl für die Musik, keine Tanztechnik. Und nun setzt Euch auf die Couch mit einem Lieblingsgetränk, haut eine Live-Aufnahme von Oum Khoulthoum in den CD-Player und lasst „Freude oder Trauer aus dem Gesang“ in Euch entstehen. Unser Hörtipp: El Atlal von Oum Khoulthoum (nehmt unbedingt einen Live-Mitschnitt!) .com) Quelle: Buch mit Begleit-CDs Prof. Dr. Issam El-Mallah, Ethnomusikologe, Uni München: Al Tarab

Montag, 23. Mai 2016

Fusionmania, Burlesque-Oriental und anderer Wahnsinn

Es hat schon so viele Statements zum Thema Fusion gegeben – so viele Meinungen und so viele Diskussionen und trotzdem lässt mich das Thema nicht los. Gerade vor ein paar Tagen hatte ich es darüber mit einer jungen Kollegin. Fusion – ja natürlich – warum nicht – aber dann bitte professionell! Und gleich stellt sich mir die Frage: gibt es diese Entwicklung auch in anderen Tanzarten? Ja sicher, im Bereich klassischer Tanz hat es immer Weiterentwicklungen gegeben. Aber „Fusion“? Schau ich in den klassischen Tanz steht hier immer zuerst die tänzerische Grundausbildung. So ist es auch in den sog. Tanz“sport“arten. Hier wird niemand auf großen Bühnen stehen ohne vorher eine festgeschriebene Ausbildung gemacht zu haben. Ist es das was den OT unterscheidet? Schau ich also genau hin, dann haben wir das Problem, das der OT nicht mit einer fest definierten Ausbildung erlernt werden muss. Wir haben uns im Bereich OT bis heute den Anspruch des „Tanzsports“ nicht gegeben d.h. er wird als „Kunst“ gesehen. Kunst ist frei und nicht messbar – so wie bislang der OT. Das ist es was wir eigentlich wollen und das ist auch die Krux daran. Wo keine Vorgaben herrschen kann jeder tun und lassen was er will. (Mal ganz abgesehen davon wie der OT in seinen Heimatländern eingeordnet wird… das sieht es nochmal anders aus – aber das ist nicht das Thema). So kann jeder, der glaubt es zu können Kurse in OT anbieten, wer auch immer beurteilt ob das akzeptabel ist oder nicht. Ob die Dozentin für sich den Anspruch hat fundiert ausgebildet zu sein hängt an ihr selbst zu 100%. Keine Vorgaben, ergo auch keine Zulassungsvoraussetzungen zum Lehrberuf. Die Folge ist eine Schwemme von schlecht ausgebildeten Dozentinnen und Tänzerinnen, die natürlich alle miteinander in Konkurrenz treten. Keine Vorgaben lassen dabei auch eine Bewertbarkeit der Qualifikation nicht zu. So kommt es, dass es unzählige Bauchtänzerinnen gibt und es sehr schwer ist für die Einzelne sich als „Unikat“ herauszustellen. Außer vielleicht bei ihren direkten Sozialkontakten – wo sie die Exotin sein darf und damit ein Alleinstellungsmerkmal hat, unterscheidet Sie sich nicht von unzähligen Mitbewerberinnen mit gleichem Werdegang und ähnlicher Tanzerfahrung. Das wollte „Frau“ dann doch nicht – untergehen im Meer der Bauchtänzerinnen. Ist man kein Ausnahmetalent mit dem Anspruch einer fundierten Ausbildung, fristet man so sein Tänzerinnendasein und beschäftigt sich ausgiebig mit Kritik an den Mitstreiterinnen um wenigstens hier ein gewisses Maß an Genugtuung und Bestätigung zu bekommen … und wenn es auch nur die Unterstützung der Unterrichtsgruppe ist, die oftmals nie über den „Ortstellerand“ geschaut hat. Das ist auch unbedingt zu vermeiden, könnte sich im Nachbarort vielleicht eine Bauchtanzlehrerin befinden, die die eigenen Schüler umwirbt mit einem besseren Angebot. Also los und auch mal mitmachen im Fusionzirkus - Aha, endlich kann man aktiv in Konkurrenz treten ohne sich im Bauchtanz maßgeblich weiter zu qualifizieren, denn das ist ab einem bestimmten Level mit sehr viel Arbeit verbunden und auch nicht jedem ist ausreichend Talent gegeben. (auch das will keiner hören) Nun..dann geh ich zu einem Workshop und eigne mir mal eben ein paar neue Fusionstile an… Da hole ich mir einen Sari und eine lustige Filmmusik und „schwupps“ mach ich auch Bollywood. Einmal alles in schwarz bitte, ein ernstes Gesicht und meine Bauchwellen werden zu Gothic Fusion. Oh… eine tolle Federboa, rote Pumps und ein Korsett – tataa… fertig ist der Burlesque. Ein Baströckchen und ein Blumenkränzchen – jaaa… so muss doch Hula-Oriental aussehen … in meinem Kopf entstehen viele Bilder….und eine Angst „halt … ihr macht alles kaputt!„ Eines ist gewiss, wir werden es nicht ändern, wollen wir dem OT seinen „Kunstcharakter“ lassen. Für mich hat es was von Missbrauch eines in einer Kultur gewachsenen Tanzes. Warum müssen orientalische Tänzerinnen sich in Burlesque-Klamotte werfen und unter dem Namen OT daraus eine Fusion machen? Burlesque ist eine alte Kunst, die von anbetungswürdigen professionellen Burlesque-Tänzerinnen in hinreißender Manier getanzt werden. Die lachen sich schlapp über die „Faschingversion“ Ihres Tanzes. Es gibt Leute die sich jahrzehntelang mit den Tänzen Indiens beschäftigen – mit der Tanzkunst ohne je am Ende des Wissens zu sein – und dann wird das einfach mit Füssen getreten weil jemand glaubt, mit einem Rosa Sari, einer Filmmusik und ein paar Hüftlifts und Kopfschieben jetzt Bollywood zu beherrschen. Stellt sich am Ende die Frage, ob wir mit einer festen und organisierten Ausbildung die bindend wäre zum Ausübend des Dozentenberufes das Problem beheben könnten? Wäre es das Wert die Kunst an den Tanzsport zu „verkaufen“? Und damit mich hier niemand falsch versteht: Es gibt hervorragende FusionistInnen, die sich jahrelang mit Ihren verwendeten Tanzstilen beschäftigt haben. Ihnen gehört mein Respekt, sie bringen den Tanz immer weiter nach vorne und sorgen für echte Weiterentwicklung. Ich verneige mich vor allen, die sich intensiv und ernsthaft mit ihrem Tanz beschäftigen um „des Tanzes willen“. Es sind die Bescheidenen unter uns – so habe ich die großen Künstlerinnen immer kennen gelernt – bescheiden und demütig. Sie haben es nicht nötig andere klein zu machen, weil sie ohne das Kleinmachen von anderen groß sind. Das Motiv entscheidet also wo ich hin will. Habe ich Achtung vor dem was ich tue, dann werde ich nicht nach 3 Jahren OT mich als Spezialistin für 32 Tanz- und Fusionstile bezeichnen. Will ich mir damit allerdings ein „Alleinstellungsmerkmal“ verpassen, dann hilft das doch schon mal…. kurzfristig. Eigentlich wollen doch mindestens 80% der Bauchtanzschülerinnen sich einfach nur gesund bewegen und etwas für die Haltung tun. Warum bleibt man nicht bei einem qualifizierten Basisunterricht statt die Schülerinnen in Dinge zu quälen, die eigentlich keiner will. Ist es nicht eine wunderbare Selbstbestätigung wenn am Ende einer Kursstunde glückliche Gesichter sich für die schöne Stunde bedanken? Für mich jedenfalls ist das das Größte und das was auch mich glücklich macht.

Freitag, 16. Oktober 2015

Spiegelbilder Oktober 2015 - was ich wirklich will!



Spiegelbilder Oktober 2015 - Was ich wirklich will!

Ja…seit es meine Kolumne in der Chorikà nicht mehr gibt bin ich schreibfaul geworden. Das heißt aber nicht, dass ich nichts mehr zu sagen hätte. Zurzeit denke ich aber mehr als ich rede – ist sicher auch mal von Vorteil. Der Herbst ist bei mir vollgepackt mit Aktivitäten und es kommt immer wieder die Frage in mir auf: was will ich wirklich?

Ja, was will ich wirklich? Schwer zu sagen, es fällt mir leichter zu sagen was ich NICHT will- also fang ich mal damit an:

Ich will mich nicht mehr damit befassen müssen was Freundin Nr. 4 von Freundin Nr. 3 über die Freundin Nr. 2 von Freundin Nr. 1 meiner Bekannten erfahren hat über mich. Die Gerüchte, die über 12und30 Umwege in die Welt gelangen und die willig von denen gefressen werden, denen es gerade ins Bild passt sind mir zuwider. Hat sich eigentlich schon einmal jemand Gedanken gemacht WARUM man Gerüchte erzählt bekommt? Warum sich jemand „einschleimen“ und „wichtigmachen“ muss über den Weg der „üblen Nachrede“? – Mein Beschluss: ich spiele nicht mehr mit. Ich habe keinen Grund mich für x Gerüchte immer wieder zu rechtfertigen. Ich habe auch keine Lust mir x Gerüchte über andere anzuhören. Warum ist es so wichtig über diejenigen, die gar nicht zugegen sind „Dinge“ zu erzählen? Das ist reine Ego-Pflege – aber bitte ohne mich! Wer mich kennt weiß, dass ich auf Anfrage meine Meinung zu Themen offen sage. Wer mich kennt weiß, dass ich jedem sein Recht auf eigene Meinung und auch das Recht darauf „nicht perfekt“ zu sein zugestehe. Und – wer mich kennt weiß, dass ich niemals Menschen hasse – ich ziehe mich zurück von Menschen die mir nicht gut tun – aber ich hasse sie nicht – wir gehen jeder unseren eigenen Weg – so ist es gut! 

Ich will nicht mehr das Gefühl haben müssen, dass meine „echten Freund/Innen“ denken, ich hätte sie outgesourced – vielleicht sogar auf Grund von „Gerüchten“. NEIN, eine echte FreudIn wird von mir IMMER die Wahrheit erfahren – was ich denke und was ich fühle. Echte FreundInnen zweifeln nicht an meiner Loyalität und glauben nur das was ich Ihnen sage und nicht dass was irgendjemand oder sie selbst irgendwie „interpretieren“ – Ich möchte nicht interpretiert, ich möchte gehört werden – ich möchte mit dem was ich tue und sage ernst genommen werden. Alle anderen sind für mich keine Freunde – müssen es auch nicht sein. Ich brauche nicht Unmengen an echten FreundInnen- ich bin mir selbst eine Freundin – solltet Ihr Euch übrigens alle sein!

Ich möchte mich lösen von Beziehungen zu Menschen die mir wehtun und die mich missbrauchen. Ich habe nicht 54 Jahre geackert um mich missbrauchen und ausnutzen zu lassen für das persönliche Vorankommen anderer.  Umso älter ich werde umso weniger Kompromissbereit werde ich -  und es tut mir gut! Das heißt nicht, dass ich deshalb andere nicht achte und respektiere, aber ich kann jetzt besser denn je Grenzen ziehen. Ich habe unendliche Geduld (meine Schülerinnen wissen das ;-)) und ich habe fast endlos Toleranz für die Eigenheiten anderer. Aber wenn ich feststelle, dass ich respektlos behandelt werde beende ich Beziehungen – sofort und ohne große Worte und ohne „boshafte Konsequenzen“. Nein, ich kann und mach das ohne Hass und Missgunst aber dennoch definitiv.

Ich möchte nicht mehr konkurrieren. Konkurrenz ist soooo anstrengend. Brauch ich auch nicht – warum auch. Das habe ich in einen meiner Spiegelbilder schon einmal geschrieben: wer mich tanzen sehen möchte will mich sehen und nicht x oder y – und wer x sehen möchte, möchte nicht y oder mich sehen. So ist das Leben und so sind die Menschen und es gibt keinen Grund dann beleidigt zu sein! Von Leuten, die mit mir in offensive Konkurrenz treten distanziere ich mich – restlos!
So … und nun stelle ich fest, dass ich sehr wohl gesagt habe was ich möchte – juchuuu…..
Wer weiß wie lange wir noch haben auf diesem gebeutelten Planeten mit dem Virus „Mensch“…. Ich möchte die Zeit nicht mit Unnötigem verbringen.


Amen

Donnerstag, 23. Juli 2015

Wohin geht die Reise - Beitrag in der Chorikà 1_2015 - Thema OT - gestern -heute-morgen



Orientalischer Tanz – gestern – heute – morgen
Wohin geht die Reise?
Ein Thema, über das man Bücher schreiben könnte, und jeder hätte dazu sicherlich seine ganz eigene Prognose. Daher ist diese Betrachtung als eine von vielen zu sehen und in erster Linie als Anregung zum Nachdenken geschrieben. Vielleicht bekommen wir ja auch Feedback und können endlich mal Leserbriefe veröffentlichen!
Der Orientalische Tanz – und hier rede ich vom „klassisch orientalischen Tanz“ – hat sich nicht erst heute verändert. Wie wir bereits in den anderen Artikeln dieses Heftes lesen konnten, gibt es immer Weiterentwicklungen. So wird sich auch in Zukunft der klassisch orientalische Tanz weiterentwickeln. Schauen wir gen Osten und auch nach Amerika, sehen wir eine starke Strömung in Richtung Akrobatik – TanzSPORT. Das wird sicher morgen die Hauptrichtung sein, die den klassischen Raqs Sharqi bestimmen wird. Damit wird er aber als Hobby in dieser Form nicht mehr tanzbar sein und seine Bedeutung als Tanz für Frauen jeden Alters verlieren. Vielleich finden wir ihn in 10 Jahren im Basisprogramm jeder Tanzschule als „eine“ von vielen Tanzformen. Die, die den Tanz leben und lehren, haben einen großen Einfluss auf die Entwicklung des Tanzes und damit eine große Verantwortung. Hier sehe ich vor allem auch den BVOT in der Pflicht.
Segen oder Fluch?
Wird der klassische Raqs Sharqi ein Tanz im Rahmen des internationalen Tanzsports, dann wird es geregelte Vorgaben für die Ausbildung geben, sowohl für die LehrerInnen als auch für die TänzerInnen. Damit wird sich dieser Tanz in den geregelten Bahnen des DTV bewegen. Wollen wir eine geregelte Ausbildung und prüfbare Qualifikationen der Lehrkräfte, wird der Weg dahin gehen müssen. Aber wo bleibt die Seele der Folklore, die gestern noch spürbar war? Sie wird unter diesen Voraussetzungen auf der Strecke bleiben – so wie es in Deutschland und vielen „modernen“ Staaten letztendlich keine Folklore mehr gibt. Die Entfremdung von den Wurzeln eines Volkes ist vielleicht einfach der Preis, den wir für die „Globalisierung“ bezahlen müssen.
Folklore – eine aussterbende Spezies?
Aus meiner Sicht würde ich heute sagen „ja“! Nicht nur im Orientalischen Tanz – auch in traditionellen Tänzen anderer Länder ist die „Globalisierung“ ganz deutlich zu sehen. Der „Missbrauch“ traditioneller Tänze zu „Fusionszwecken“ ist nicht nur ein Problem der Orient-Tanzszene. Wollen wir die Wurzeln erhalten, müssen wir sie pflegen – mit Verstand, mit viel Liebe und fundiertem Wissen. D. h. es muss LehrerInnen geben, die diese Tanzkünste fundiert kennen und lehren. Ich kann nur hoffen, dass die Foklore hinübergerettet werden kann in die Zukunft, denn sie ist das Archiv unserer Kulturen und so etwas wie ein Geschichtsbuch der Völker der Erde. Sie zu verlieren hieße auch unsere Geschichte zu verlieren – das Wissen über unsere Wurzeln, denn die Bewegung und die Musik kamen vor der komplexen Sprache. Tanz braucht keine Worte.
Fusionmania?
Alles mit allem zu verschmelzen ist ein ganz zentrales Zeichen der Zeit. Was steckt dahinter? Immer wieder neue Fusionstile zu erfinden ist auch ein Mittel, sich ein Alleinstellungsmerkmal zu geben. Der Wunsch nach Individualität, nach Wiedererkennbarkeit steht hier wohl im Vordergrund – sich selbst durch „Erfinden von Neuem“ einen Namen geben. Warum braucht eine Gesellschaft so etwas? Vielleicht weil in dieser Welt der „Gleichmacherei“ (Wie muss Frau/Mann aussehen und sein!) der Wunsch nach Wiedererkennbarkeit einfach immer größer wird? Ja, es ist ein Schub von Kreativität, das darf man dabei nicht vergessen. Und auch das ist ein Motor zur Weiterentwicklung.
Zukunft ohne Vergangenheit?
… gibt es nicht. Eine Entfremdung von der Tradition zieht häufig nach der Eskalation ein „Revival“ des „Alten“  nach sich. Hier können wir gespannt sein, ob es das beim klassischen Bauchtanz auch geben wird. Akrobatik und Hochleistungstanzsport werden den Charme und das Herz des Raqs Sharqi nicht weitertragen. Hier wird der wesentliche Teil einer Bauchtanzperformance einfach fehlen. Ist der Tanz „verwestlicht“, dann kann man ihn auch nicht mehr orientalischen Tanz nennen.

Samstag, 27. Juni 2015

Profi oder nicht.... DAS ist hier die Frage!


Erstveröffentlichung in der CHorika  3_2013

Habe ich mich im letzten Heft intensiv mit Selbstrespekt und der Entwicklung der Tanzszene im Grundsätzlichen beschäftigt, so haben mich meine Erlebnisse der letzten Wochen dazu bewogen, mich auch mal mit dem Thema Selbstüberschätzung zu befassen.

Da musste ich (als ich als Moderatorin auf einem „open air“ Tanzevent kurzfristig eingesprungen bin) erleben, dass eine Tanzkollegin, die seit ca. einem halben Jahr in einem nahegelegenen Ort unterrichtet, sich von mir als Profitänzerin ansagen ließ mit einer tänzerischen Technikleistung, die ich in meinen Kursen irgendwo im Bereich Mittelstufe einordnen würde. Bitte versteht mich nicht falsch, auch ich habe noch viele Lücken und Lernbedarf, aber ich würde mich auch nie als Profitänzerin bezeichnen (… was ist das überhaupt … eine Profitänzerin? - hier hätte ich mal die Frage, wie wir das definieren möchten ...). Nun, mir blieb fast die Spucke weg dennoch folgte brav der Anweisung. Den Satz „Ich bin schließlich auch ein Profi“ bekam ich an dem Tag übrigens noch ganze zweimal aus anderen Mündern zu hören. Ehrfürchtig versuche ich also, das Gesehene und das Gesprochene irgendwie in Übereinstimmung zu bringen, aber ich habe zugegebenermaßen größte Mühe damit. Wir sind also beim Thema angekommen und ich habe Erklärungsnotstand.

Fragen wir doch mal Wikipedia:

… Die Psychologie ordnet die Selbstüberschätzung in die Kategorie kognitive Verzerrungen ein …

… Menschen mit schwachem Selbstwert können zur Selbstüberschätzung neigen, um von ihren subjektiven oder objektiven Schwächen und Unkenntnissen abzulenken. Sie sind dabei häufig wenig selbstkritisch. Viele versuchen, eine realistische Überprüfung tatsächlicher Fähigkeiten zu vermeiden, zum Beispiel durch Hochmut, oder sich einer solchen zu entziehen. Andauernde Selbstüberschätzung kann zu Misserfolgen und Scheitern führen …

Komisch – da ziehe ich unwillkürlich Parallelen, obwohl ich das nicht möchte. Manchmal zwingen sich einfach Gedanken auf und man versucht sie vehement zu streichen … vergeblich.

Was mich nun interessieren würde, gibt es das nur im OT? Liegt es daran, dass es keine fest vorgeschriebenen Ausbildungsgänge gibt, die geregelt sind und anhand derer man sich einordnen könnte? Eine staatliche Prüfung, wäre das die Lösung? Eine Koppelung der Unterrichtserlaubnis an eine staatliche Lizenz? Andere Frage: Würde dies dem Tanz seine Seele nehmen? Eine Fragestellung, die ich gerne auch einmal diskutiert hätte – mit TänzerInnen, die tatsächlich ihren Lebensunterhalt damit verdienen, und mit HobbytänzerInnen, die sich über ihr Tun ernsthaft Gedanken machen, und mit LehrerInnen mit langjähriger Erfahrung.

Ich jedenfalls bin es Leid, völlig realitätsfremden Kolleginnen mit ihren perfekten Kenntnissen in klassisch orientalischem Tanz, natürlich allen Folkloretänzen – Bollywood, persischem Tanz, Tribal Fusion und meinetwegen auch noch Flamenco – das alles wohlgemerkt in wenigen Jahren erlernt – den Eitelkeitsbauch zu streicheln!

Ganz abgesehen davon, wenn frau mit über 25 das Tanzen beginnt, wie kommt sie darauf, ein „Profi“ zu werden … – also eine Berufstänzerin – wie ich den „Profi“ hier einfach mal definiere – bleiben wir doch auf dem Boden der Realität. Was nicht heißt, dass Frauen über 40 nicht gut tanzen könnten. Für meine Begriffe wird es zumindest im Orientalischen Tanz ab 40 erst richtig interessant und der Tanz auch gefüllt mit dem Stück Weib, welches sich erst richtig jenseits der 30-er etabliert! Mit 20 Jahren, da kann man eventuell daran denken eine Profikarriere einzuschlagen und es bleibt trotzdem die Frage, ob dies ein erstrebenswertes Ziel ist. Ich für meinen Teil empfinde es als Privileg, diese Tanzform als Hobby betreiben zu dürfen, frei entscheiden zu können, wann ich was mache, wie ich es mache und mit wem. Der Profi, der davon leben muss, hat diese Freiheit nicht.

Aber was bedeutet es, wenn Dir Kolleginnen sagen „Ich bin schließlich auch ein Profi“? Dieser Satz beinhaltet einen Vergleich – nämlich „auch“ – also schön … man sieht mich als Profi … das ist zwar nett, würde ich aber so nicht sehen. Des Weiteren impliziert dieser Satz eine Wertung – nämlich „so wie Du“. Man will mir sagen, ich bin genauso viel Wert wie Du. Richtig! Jeder ist so viel Wert wie der Andere! Leute, wo ist das Problem. Warum ist diese Form der Feindseligkeit so wichtig im Leben? Jeder macht „sein Ding“ nach „seiner Facon“. Jeder hat „sein Publikum“, „seine Fans“ – das Spiel „ ich will aber mehr als Du haben“ ist ein Spiel aus dem Sandkasten. Wir sind alle erwachsene Menschen! Kommen wir also auf das Thema der letzten Spiegelbilder zurück – den Selbstrespekt. Vielleicht macht es mehr Sinn, sich auf sich selbst zu besinnen, ein bisschen selbstkritischer zu sein und nicht immer in Konkurrenz treten zu wollen. Das bringt einen langfristig weiter als der Kampf darum, wer den Kopf einen Millimeter weiter vorne hat. Die meisten von uns pflegen ein schönes Hobby und sollten sich ihrer Verantwortung den SchülerInnen gegenüber bewusst sein. Daher vielleicht einfach einmal mehr das eigene Wissen erweitern und weiter lernen statt erbost die Ellenbogen auszufahren und sich den Platz anzueignen, der eigentlich allen gehört!

Gerstern habe ich die Werbung einer Kollegin in der Nähe gefunden. Sie wirbt mit einem Bauchtanzkurs Ü50 im Seniorenzentrum xy, während Ihre weiteren Bauchtanzkurse (wohl für Frauen unter 50) in Turnräumen stattfinden. Ausgrenzung der älteren Kursteilnehmerinnen als Senioren finde ich persönlich sehr grenzwertig!

Ja, ich glaube ich bin gerade ziemlich maulig – aber das wisst Ihr ja – Ich bin eben Ü50 und will noch nicht ins Seniorenzentrum.

 

 

Samstag, 6. Juni 2015

Spiegelbilder 3_2011_Gedanken zum Unterricht - Teil 1_veröffentlicht in der Chorika



Ein spannendes und mitunter auch heikles Thema und in vielen einschlägigen Foren intensiv diskutiert. Ja, es gibt eben keine staatlich geregelte Ausbildung und somit kann jeder, der sich berufen fühlt, den orientalischen Tanz unterrichten. Außerdem wissen wir alle aus unseren eigenen Schulzeiten, dass es durchaus auch staatlich geprüfte Lehrer gibt, deren pädagogische Fähigkeiten eher unterrepräsentiert sind, um es mal nett auszudrücken. Unterrichten - eine Gabe, die nicht nur aus Fachwissen, sondern auch aus den sogenannten Social oder Soft Skills besteht. Eine Chance für begabte Dozentinnen, aber auch eine große Gefahr! Unterrichten als Berufung oder als Broterwerb oder sogar beides? In dieser Ausgabe wird mein Beitrag wieder einmal hemmungslos direkt und gnadenlos ausfallen, man möge es mir verzeihen, aber meine Erfahrungen lehren mich Dinge, die ich nicht einfach unter den Tisch fallen lassen kann. Also hier meine Gedanken zum Thema Unterricht, unzensiert und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen!
Die Unterrichtsszene wird immer größer und das Angebot immer breiter gefächert, wie auch sonst sollten sich alle aus dem Boden sprießenden Dozentinnen ihre Kurse füllen. Es gibt kaum ein Dörfchen, in dessen Nähe nicht ein Bauchtanzkurs angeboten wird, und letztendlich ist das auch gut so, denn wir alle wissen die gesundheitlichen Vorzüge dieser Bewegungsart sehr hoch zu schätzen! Und da bin ich bei meinem Thema: An dieser Stelle haben wir Lehrerinnen eine Verantwortung – sind wir uns dessen immer bewusst? Ein physiologisch und auch psychologisch kompetenter Umgang mit den Schülern ist die Grundvoraussetzung für ein Lernen ohne „Nebenwirkungen“. Dies umzusetzen ist nicht einfach, haben wir doch alle auch unsere eigenen Unzulänglichkeiten. Ich persönlich nehme das Thema sehr ernst und hole mir regelmäßig Feedback bei meinen Schülerinnen, die ohnehin sagen, wenn sie etwas stört oder sie etwas nicht verstehen – eine Vertrauensbasis ist Grundvoraussetzung für den offenen Umgang miteinander, auch mit Kritik! Auch die Prämisse, den Tanz nicht zu lernen um damit auf die Bühne zu gehen, sondern erst einmal mit dem Ziel, mir und meinem Körper etwas Gutes zu tun, ist nicht selbstverständlich. Wie oft schon habe ich Anfängergruppen nach 2 bis 3 Monaten Unterricht mehr schlecht als recht auf der Bühne gesehen. Was macht das für einen Sinn? Die Muskulatur einer ungeübten Schülerin braucht je nach Fitnesszustand 3 bis 6 Monate, bis sie so aufgebaut ist, dass sie die Bewegungen auch „halten“ und für den Körper unschädlich ausführen kann (wir trainieren ja nicht 6-mal die Woche mit den Frauen und nicht jede übt täglich daheim). Warum müssen Küken schon nach so kurzer Zeit unbedingt vors Publikum – und die Frage ist dabei, wollen sie das überhaupt? Ein Tänzchen auf einem internen Fest ist das Eine … da kann mit einem Augenzwinkern einfach locker vom Fleck weg getanzt werden – wenn frau das will – aber die große Bühne ist meiner Ansicht nach für Anfänger ein No-Go.
Langsam den Körper kennen lernen und die Veränderungen spüren und bewusst erleben ist eines der größten Abenteuer eines Bauchtanzneulings
 und das will und kann ich nicht durch überzogene Zielsetzungen ersticken. Aber es gibt auch andere Ansätze und immer wieder sehe ich eher unbeholfene Versuche, in einem Bauchtanzkostüm nach 12 Stunden Unterricht in eine Rolle zu schlüpfen, die nicht passt. Die Verantwortung sehe ich dabei einzig und allein bei den Lehrerinnen. Ihr entscheidet, wann Eure Schüler so weit sind, und Ihr solltet nicht Euer Seelenheil in der Präsentation Eurer Schüler suchen, das könnt Ihr schon durch Eure eigenen Aktivitäten erlangen, ohne überzogene Erwartungen an Eure Schüler zu adressieren. Manchmal kommt es mir vor, als würden die „Kriege“ unter den Trainerinnen in Form ihrer Gruppenaktivitäten ausgefochten statt sich selbst zu „duellieren“  und das auf Kosten der Schülerinnen, die sich natürlich im „siebten Tänzerinnenhimmel“ sehen und Stück für Stück den Blick für die Realität verlieren, wenn sie bereits nach 3 Monaten zur Bühnentänzerin avancieren. Aber auch einen übermotivierten Neuling, der gleich am ersten Tag nach Auftritten fragt, hole ich mitleidlos von seiner rosa Wolke mit „Jetzt lernen wir erst einmal alle unsere Muskelpartien kennen, bringen diese in Form und lernen alle Grundbewegungen, danach sehen wir weiter, auf die Bühne ist es ein weiter und arbeitsreicher Weg“. Spätestens nach der ersten Stunde ist auch dieser Debütantin klar, dass das Bauchtanzen einem nicht einfach so in den Schoß fällt.
Im Ursprung war dieser Tanz ein Tanz innerhalb eines sozialen Gefüges von Frauen, deren Überleben davon abhing, dass sie alle zusammenhielten und füreinander da waren. Heute wird viel zu oft versucht, mit diesem Tanz miteinander in Konkurrenz zu treten. In meinen Augen ist das fast ein Stück Perversion. Dazu kommt aber auch noch ein zweiter Aspekt – das Geld! Es kann auch ein Versuch sein sich Schüler zu halten, indem ich ihnen die „Bühnenkarriere in lila“ verspreche. Nun, dies ist dann natürlich ganz im Zeichen der Zeit, wo Geld die Lobby für Alles ist. An dieser Stelle empfinde ich die Versprechen einer verantwortungslosen Lehrerin fast als Straftat. Nicht nur, dass sie ihrer Schülerin das realistische Selbstbild nimmt, sondern sie führt sie gegebenenfalls auch noch vor, dafür „fremdschäme“ ich mich jedes Mal, wenn ich solche Fälle sehen muss. Nein, es macht mich auch wirklich wütend! Als Lehrerin habe ich eine große Verantwortung, und dazu gehört auch meiner Schülerin zu sagen, wenn sie eben „noch nicht so weit“ ist, auch auf die Gefahr hin, dass sie mich verlässt. Dies sehe ich aber als Akt echten Respekts gegenüber meinem Nächsten!

Müssen wir wirklich den Schülerinnen Honig ums Maul schmieren, um einen Monatsbeitrag mehr im Beutel zu haben? Nun, ich lebe nicht vom Bauchtanzunterricht wie manch andere Kollegin, die sicher ein hartes Brot verdient (diesen Kolleginnen gehört mein ganzer Respekt), aber gerade von diesen „Profis“ (wenn wir das Wort Profi in dem Sinn verstehen, seinen Lebensunterhalt damit zu bestreiten) sehen wir solcherlei Dinge so gut wie nie, dabei wäre für mich dort die monetäre Zwangslage noch fast eine Entschuldigung, wenn auch eine traurige. Nein, hauptsächlich finden sich diese Auswüchse bei den „Nebenberufsdozentinnen“ wie ich eine bin (ich nenne das gerne auch Feld-, Wald- und Wiesenhüpfer). Seltsam, warum ist das so, wo doch da das Überleben der einzelnen Dozentin nicht von der Teilnahme einer Schülerin mehr oder weniger abhängt. Ist es wirklich so, dass sich die Dozentin nicht traut, ihren Schülerinnen reinen Wein einzuschenken? Muss die rosa Wolke herhalten, um alle am Ball zu halten? Dann haben wir es nicht verstanden! Vielleicht geht die eine oder andere Lehrerin in sich und denkt noch einmal darüber nach, was sie ihren Schülerinnen schuldig ist – lasst die Sache mit den viel zu frühen Auftritten und macht lieber mal ein schönes Schülerfest, auf dem sich die Küken austoben können und auch mal bei den weiter Fortgeschrittenen staunen dürfen, damit sie ein realistisches und ehrliches Ziel haben können. In diesem Sinne wünsche ich Euch einen Herbst mit vielen „goldenen“ Tagen und schönen Momenten in unserem Tanz
Eure Dahab Sahar